Martin Merten
Fulltime-Reiseblogger, Autor, Content Creator // Kreativer // Ideenfinder // Impulsgeber // Perfektionist // Genießer // Ironiker
Nach 10 Monaten Weltreise sind wir nun wieder in Deutschland. Zwischenzeitlich hatten wir ziemlich dolles Heimweh. Wir sind schon froh, wieder hier zu sein, aber auch nicht. Wir hatten das tollste Empfangskomitee das man sich wünschen kann und waren bei der Landung ganz schön aufgeregt. Endlich konnten wir wieder unsere Familien und Freunde in die Arme schließen, zusammen feiern, grillen, lachen und Geschichten austauschen. Hach, das ist schon was Tolles!
Wir haben unsere alte Wohnung wieder bezogen und sind froh, dass wir nicht nach einer neuen suchen mussten. Kartons die sich im Keller stapelten habe ich erstmal ausgemistet. Wenn man 10 Monate nur aus dem Rucksack lebt, merkt man erstmal was man alles gar nicht braucht. Über die Hälfte meiner Sachen habe ich weggegeben, verschenkt, verkauft oder weggeschmissen. Und ich bin noch nicht fertig damit. Ein befreiendes Gefühl kann ich euch sagen.
Seit 10 Monaten sind wir das erste Mal länger als 3-4 Tage an einem Ort (abgesehen von den Reisepausen, wie auf Fiji). Ein komisches Gefühl. Man muss sich das erste Mal seit langem nicht neu in einer Stadt orientieren, weil man alles kennt. Man muss nicht mehr schauen wo man was essen kann oder wo man schlafen kann. Man versteht plötzlich wieder alle Leute – was ziemlich schrecklich sein kann. Und man läuft in der Stadt auch nicht mehr mit seinen Outdoor Klamotten und in Boots rum.
Der Kontrast könnte gegenüber Nepal kaum größer sein. Alles kam uns bei der Ankunft in Deutschland so spießig vor. So sauber, geordnet und geregelt. Kein Staub, kein Dreck, kein Müll. Aber was ist das eigentlich für eine Welt in der wir hier wieder gelandet sind?
In Deutschland gibt es so unglaublich viele Autos! Sie sind schnell und laut. Die Straßen sind im Gegensatz zu Nepals oder Kambodschas Straßen spiegelglatt. Man hat das Gefühl mit dem Auto zu fliegen, so schnell ist man hier unterwegs. Die Leute sitzen meist komplett alleine in ihren großen Autos. In anderen Ländern sind die Vehikel total überfüllt und überladen. Die Leute hier sind in Eile und kämpfen im Stau, um schneller zur Arbeit zu kommen, die mindestens 8 Stunden am Tag dauert.
In allen anderen Ländern, auch in den USA, Neuseeland und auch Australien kam uns das Autofahren wegen der Geschwindigkeitsbegrenzungen so gemütlich vor. Hier packt einen sofort der Stress. Die Leute drängeln, quetschen sich vorbei und lassen ihre Lichthupe spielen. Warum eigentlich?
Wie selbstverständlich fahren wir auch schon wieder mit dem Auto und müssen uns immer wieder mal daran erinnern, doch mal auf die Landschaft zu achten und zu überlegen, welchen Fluß man gerade überquert hat. Irgendwie ist das beim Reisen natürlich anders. Man erlebt alles intensiver und macht sich Gedanken über Gott und die Welt. Genießt die Natur und die Landschaft.
Nach ein paar Wochen hat uns die Hektik, der Stress, der Alltag fast schon wieder.
Als wir das erste Mal wieder einkaufen und auch im Restaurant essen waren, haben wir wieder mal festgestellt, was für eine Servicewüste Deutschland doch wirklich ist. Alle ziehen ein langes Gesicht. Man wird nur selten gegrüßt und ein Lächeln bekommt man erst recht nicht geschenkt. Im Baumarkt verstecken sich die Angestellten vor dem Kunden. Kennt man ja.
Wenn man sich in Australien in ein Restaurant setzt, bekommt man als erstes eine kostenlose Flasche Wasser auf den Tisch gestellt. Das wäre doch mal ein Konzept, dass man hier übernehmen könnte. Man geht in Neuseeland, Australien und Katar auch gerne ins Museum, denn es ist kostenlos. So können nämlich auch Familien, die nicht soviel Geld haben, einfach mal am Wochenende ihren Kindern ein bisschen Kultur nahe bringen. Es gäbe soviel was man sich abschauen könnte.
Je länger wir reisten, desto belangloser erschienen uns die Probleme die Deutschland hat. In anderen Ländern kämpfen die Menschen auf den Straßen täglich um ihr Überleben und hier regt man sich auf, dass der Käse von der Theke 1mm statt 2mm geschnitten ist. Die Probleme hier in Deutschland sind einfach auf einem anderen Level.
Längst hat die Bürokratie schon ihre Tentakteln nach uns ausgestreckt. Arbeitslos melden, auf Jobsuche gehen, Strom und Gas anmelden, etliche Versicherungen wieder aktivieren, Handy- und DSL-Vertäge aktivieren und weiß der Geier.
Und jetzt sitze ich hier und ertappe mich, wie Deutschland mich wieder zurück hat. Über alles meckern und am liebsten gleich wieder weg wollen. Typisch deutsch eben. Schön ist es hier trotzdem.
2 Kommentare
Ja lieber Martin, trotz aller richtig beschriebener Mängel ist D weltweit als Aufenthaltsort sehr begehrt. Schöne und vielseitige Natur, viel Geschichte und Kultur, Demokratie und Rechtsstaat (die Nörgler haben keine Ahnung, was sonst möglich wäre!), gute Wirtschaft. Um nur ein paar „Kleinigkeiten“ zu nennen.
Willkommen zu Haus!
Pa
Mensch will halt leider immer was er nicht hat. Und wenn er es hat, will er es wieder anders.
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