
Wandern in Graubünden: Traumhafte Tageswanderung über den historischen Septimerpass
Ein Reisebericht zu meiner Wanderung über den Septimerpass mit Tochter Carolin im Sommer 2017
Ich habe es geschafft! Immerhin ein Lebensziel verwirklicht: die Überquerung des Septimerpass in Graubünden – das gibt ein schönes Gefühl. Wenn ihr wollt, lasse ich euch daran teilhaben, ihr müsst nur weiterlesen.
Die Geschichte zur Septimerpass Überquerung geht so:
Als Kind bzw. Jugendlicher beschäftigte ich mich tagaus-tagein mit dem Atlas, und das jeweils stundenlang. So eroberte ich mir die Welt „mit dem Finger auf der Landkarte“. Entdeckte Kontinente und Länder, Grenzen, Meere und Seen, Flüsse und Täler, Berge und Pässe, Städte und Regionen. Mein damals erworbenes Wissen war ziemlich umfangreich und leistet mir heute noch manche guten Dienste.
Viele Menschen, die mich kennen, wissen darum, manche litten gar darunter. Stichwort: „Nenne mir fünf Nebenflüsse des Rheins“. So erging es meinen Kindern und deren Freunden…. Gelegentlich amüsieren wir uns noch heute darüber.
Damals geriet auch der Septimerpass in Graubünden in mein Blickfeld und blieb haften. Einmal wegen seines Verlaufs über den Alpenhauptkamm von Nord nach Süd ins sonnige Bergell und ins teutonische Sehnsuchtsland Italien. Sicher auch wegen seiner historischen Bedeutung, von der ich las (dazu später mehr) und die er in unserer Gegenwart augenscheinlich verloren hat. Das fasziniert natürlich einen wissbegierigen jungen Menschen.
Zeitgleich begann ich Latein in der Schule zu lernen. Wohl auch deshalb hat der Name des Passes für mich seither einen besonderen Klang.
Zeit mit den zwei Töchtern
Jetzt in meiner vorgerückten Lebensphase habe ich mir vorgenommen, einige schöne Tage jeweils mit einer meiner zwei Töchter zu verbringen, nur Vater und Tochter.
Den Anfang mache ich mit meiner jüngeren Tochter Carolin, die erstgeborene Julia hat noch intensive Mutterpflichten zu erfüllen.
Wie du ja hier verfolgen kannst, ist Carolin gemeinsam mit Martin schon um die Welt gereist und hat dabei u.a. den Annapurna-Trek auf über 5.000 m Höhe gemeistert. Meiner Idee, mit ihr gemeinsam „meinen“ Septimerpass zu bewältigen, hat sie sofort zugestimmt.
Scheitert unser Vorhaben „Septimerpass“ bereits vor dem Start?
Doch aller Anfang ist schwer. Schon im letzten Jahr sind wir gestartet – und gescheitert! Alles war gut vorbereitet: Die Hotels waren gebucht – in Casaccia das historische „Hotel Stampa“ bei Menga Negrini. Übrigens hat hier schon Bismarck übernachtet und du kannst dasselbe Zimmer buchen:
In Bivio das schöne und traditionsreiche „Hotel Post“ bei Martina Lanz. Caro hatte ich eine Fahrkarte von Wiesbaden nach St. Moritz spendiert und ich kam mit meiner Frau von unserer Sommerreise aus Turin ins Bergell. Doch ein Wetterumschwung war schon angekündigt und am 17. September 2016 morgens konnten wir beim Blick aus dem Fenster nur die Wolken über den Dächern von unserem Startpunkt Casaccia sehen:
An eine sinnvolle Wanderung mit schönem Fernblick war da nicht zu denken, erst recht nicht an eine „lebenslang geplante“… Die beiden Hoteldamen entließen uns großzügig aus unseren Buchungen mit dem Versprechen, dass wir im nächsten Jahr wieder kommen.
Zweiter Versuch!
So habe ich Caro am 12. Juli 2017 in Laax aufgesammelt und wir fuhren via Julier- und Malojapass wieder ins Bergell. Das Hotel Stampa in Casaccia war allerdings ausgebucht („die Belgier“).
Doch Frau Negrini hatte uns eine wirklich schöne Alternative empfohlen, nämlich das „Hotel Pranzaira“ von Christine und Willi Elsmann einige Kilometer südlich kurz vor Vicosoprano. Wunderschön oberhalb der Passstraße gelegen mit einer herrlichen Terrassen-Aussicht über das Bergell Richtung Chiavenna.
Ein perfekter Start in Richtung Septimerpass
Am nächsten Morgen machten wir uns auf den Weg – der Rucksack mit den Getränken, Proviant und den Regenklamotten war gepackt, ebenso dabei die Übernachtungsutensilien für Bivio. Das Wetter konnte besser nicht sein: Sonnenschein und Temperaturen um die 20°.
Mit dem Auto fuhren wir zunächst zurück nach Casaccia und zum Wanderparkplatz neben dem Friedhof (1458 m). Gegen 09:15 Uhr begannen wir in bester Stimmung und voller Elan den Aufstieg.
Der Weg ist versperrt!
Doch nach knapp 100 Höhenmetern versperrte ein Stoppschild quer über den Weg den weiteren Aufstieg! Der Grund: Steinschlag-Gefahr. Ich sah meine Septimer-Wanderung zum zweiten Mal und jetzt endgültig gescheitert.
Ein Anruf bei der angegebenen Telefonnummer gab uns aber schnell den Tatendrang zurück. Es gab eine Umleitung am Beginn der Strecke, die auch ausgeschildert war. Nach meinem Geschmack aber arg missverständlich: war doch nur von einer Sperre des Weges von Casaccia zur Alpe Maroz die Rede. Doch wir wollten zum „Pass da Sett“. Später haben wir dann gesehen, dass der Wanderweg zum Septimerpass am Beginn der Alpe Maroz nach Norden abzweigte, daher wohl diese Beschreibung.
Querfeldein in Richtung Septimerpass
Die ausgewiesene Umleitung erwies sich allerdings als eine ausgesprochen alpine Herausforderung. Sehr steil durch den Wald, über Stock und Stein – und das auf rund 350 Höhenmetern bis zum Beginn des Val Maroz auf 1792 m.
Meine neuen Wanderstöcke erwiesen mir gleich beim ersten Einsatz gute Dienste. Ohne sie hätte ich den Anstieg vielleicht gar nicht bewältigen können. Mir fehlt es nicht an Kondition, wohl aber an der notwendigen Trittsicherheit. Carolin sprang mir wie eine Gemse immer munter voraus. Doch so jung bin ich eben nicht mehr und jedes Alter hat seine Zeit… Aber heute bin ich auf Septimerpass-Kurs!
So hat diese Wanderung eine klare Erkenntnis befördert: Hochalpine Strecken sind meine Sache nicht mehr.
Picknick an windgeschützter Stelle
Bis zur eigentlichen Passhöhe waren dann doch noch gut 500 Höhenmeter zu bewältigen. Aber jetzt zeigte sich auch im Gelände, warum der Septimerpass ehedem ein vielbegangener Alpenpass war. Der Weg war mitunter als Karrenweg ausgebaut und stellenweise mit Steinpflaster befestigt.
Nach einer Picknickpause – geschützt hinter einigen kleineren Felsen gegen den kühlen Nordwind – erreichten wir den Pass auf 2310 m etwa gegen 14 Uhr, also einschließlich Umweg nach ca. 4 1/2 Stunden.
Wir haben es geschafft!
Das ist er nun also, der Septimerpass. Ziemlich unspektakulär als breiter Einschnitt zwischen den Bergen. Aber historisch von großer Bedeutung als Alpenüberquerung! Er verbindet im Schweizer Kanton Graubünden die Täler Oberhalbstein (Bivio – 1769 m) und Bergell (Casaccia – 1458 m) auf einer Strecke von ca. 12 km. Zur Römerzeit und im Mittelalter war er neben dem Brenner und dem Großen St. Bernhard einer der wichtigsten Alpenpässe, bot er doch eine direkte Nord-Süd-Verbindung und war bautechnisch problemlos zu bearbeiten.
Seit der Eröffnung der Straßen über Julier und Maloja ist er nur noch ein Fuß- und Wanderweg; neuerdings sehr begehrt bei den Mountainbikern.
Die historische Bedeutung des Septimerpass
Laut Wikipedia gab es auf der Passhöhe zur Zeit von Kaiser Augustus ein römisches Feldlager. Vermutlich um den Nachschub für die nördlich der Alpen operierende römische Armee militärisch zu sichern.
Seit 960 bildete der Besitz der gesamten Septimerroute von Chur bis Chiavenna einschließlich der damit verbundenen Zolleinnahmen die Machtbasis des Churer Bischofs. Über den Pass zogen Händler und Heere, Könige und Kaiser. So beispielsweise 961 Otto der Große und 1164 Friedrich Barbarossa. Im Jahre 1387 beauftragte der Bischof den Bergeller Adligen Jakob von Castelmur, den Pass zu einer befahrbaren Straße auszubauen (zitiert aus Wikipedia).
Ende des 15. Jahrhunderts erhielt der Septimerpass Konkurrenz durch den Splügenpass (Eröffnung der Viamala) und verlor allmählich an Bedeutung, auch mangels hinreichender Unterhaltung des Weges.
Anfang des 19. Jahrhunderts wurde dann die Straße über den Julier gebaut und nicht über den Septimerpass. Ein Grund dafür war die Steinschlag- und Lawinengefahr an der südlichen Hangseite des Septimer, also just an der Stelle, an der wir zu Beginn unserer Wanderung auf die Wegsperre trafen…
Ein entspannter Abstieg
Der Abstieg von der Passhöhe nach Bivio verläuft in einem breiten Geländetrog ohne weitere Schwierigkeiten für den alpinen Wanderer. Gegen 16 Uhr erreichten wir unsere Herberge in Bivio. Das schon erwähnte großzügige „Hotel Post“ von Martina Lanz, die uns nach unserer diesmal erfolgreichen Septimerpass-Überquerung herzlich begrüßte.
Den Abend verbrachten wir reichlich „geschafft“, aber vergnügt in dem schönen traditionellen Schweizer Hotel. Das Abendessen war vorzüglich. Zu dem schönen Abend trug auch der einmalig gute Service der beiden Kellner bei, richtig alte Schule. Auch von hier aus noch einmal ein großes Lob!
Rückfahrt per Postauto
Am nächsten Morgen waren wir uns einig, dass wir den Pass wegen des steilen Abstieges auf der Südseite nicht noch einmal bewandern wollten. Stattdessen stiegen wir in den Postbus und fuhren über die neuzeitliche „Konkurrenzstrecke“ Julier und Maloja zurück ins Bergell.
Und jetzt bin ich stolz und zufrieden, dieses alte Vorhaben mit Tochter Carolin verwirklicht zu haben. Davon kündet dieser Bericht.
Ich widme diesen Bericht meinen beiden Enkeln, damit sie ihn aufbewahren und vielleicht in fernen Zeiten einmal den Septimerpass durchwandern. Und dabei gerne an ihren Opa zurückdenken…
Tipps zur Septimerpass Wanderung
Hotels und Unterkünfte in Bivio, Casaccia und Vicosoprano
➜ Unterkunft Bivio: Hotel Post – Ein wunderbar geführtes Schweizer Hotel am Ortseingang von Bivio mit sehr gutem Essen und schönen Zimmern.
➜ Unterkunft Casaccia: Hotel Stampa – Mit dem historisch bedeutenden Bismarckzimmer. Super gemütlich und urig mit ebenfalls vorzüglichem Essen.
➜ Unterkunft Vicosoprano: Hotel Pranzaira – Sympathische Gastgeber, die dir mit Rat und Tat zur Seite stehen und die leckersten, frischen Forellengerichte weit und breit.
Verlauf der Septimerpass Überquerung
Den genauen Verlauf der Wanderung über den Septimerpass könnt ihr auf dem nachfolgenden Ausschnitt aus der Wanderkarte nachvollziehen:
Hast du auch schonmal eine Passüberquerung gemacht?
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6 Kommentare
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Super, hat es nun doch geklappt mit der Wanderung über den Septimerpass. Ich bin gerade durch Zufall auf diesen Beitrag gestolpert. Aber ich kenne die Wanderung und die Umgebung gut. Ich fahre seit über 30 Jahre nach Bivio in den Urlaub, Martina Lanz kenne ich gut. Gerade kommendes Wochenende fahren wir für zwei Wochen nach Bivio. Ich liebe diese Gegend. Aber leider muss die Septimerpasswanderung noch auf sich warten. Mit kleinen Kindern leider noch nicht ganz die ideale Strecke 😉 Alles Gute und grüsse aus der Schweiz.
Jahrelang träumte ich davon, am vergangenen Sonntag wurde es wahr! Ich bin über den Septimerpass gewandert, allerdings von Bivio nach Casaccia. Meine erste „Alpenüberquerung“. Es war sehr schön und weil ich mir einen ganzen Tag Zeit dafür ließ, auch gut zu bewältigen. Der steile Abstieg auf der Südseite war allerdings eine Herausforderung, meine alten Wanderstöcke waren eine gute Stütze, sonst hätte ich vermutlich auf dem Hinterteil hinunterrutschen müssen.
Hallo Elisa,
das ist eine nette Rückmeldung, die mich freut. Bei uns war es der Aufstieg auf der Südseite, der uns ganz schön strapazierte, vor allem mich als Senior. Dein Kommentar erinnert mich daran, dass ich mal wieder hinfahre.
Hallo Joachim,
vielen Dank für Deinen Bericht mit Einblicken nicht nur in Täler.Meine Tochter und ich gingen in der vorigen Woche die Via Sett von Chur nach Chiavenna mit Übernachtungen im Zelt und bei Schlechtwetter auch mal im Hotel oder einem B&B. Leider nebelte und regnete es auf unserer Etappe von Bivio nach Vicosoprano bis zum Septimer, aber insgesamt war es eine sehr schöne Tour.
Viele Grüße, Robert.
Lieber Robert,
vielen Dank für Deinen Kurzbericht über Eure ambitionierte Wanderung. Es ist immer wieder schön festzustellen, wie viele Naturliebhaber doch unterwegs sind.
Für meine späte Antwort bitte ich um Entschuldigung – wir hatten technische Probleme.
Alles Gute für Dich und Deine Tochter und beim nächsten Mal nur Sonnenschein!
Joachim
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