
Weltentdeckerin Christina: In der Ferne daheim und doch verloren
Christina erzählt uns von der reinigenden Wirkung einer Wanderung und warum sie sich in Irland gleichzeitig zu Hause und trotzdem verloren gefühlt hat. Viel Spaß beim Lesen und lass‘ doch mal einen Kommentar da!
Erzähle uns kurz etwas über dich

Mit Wanderlust und Rucksack im Gepäck: Das bin ich, Christina Balsam, 26 Jahre alt aus der Nähe von Köln, im Netz bekannt als TravelTina. Derzeit arbeite ich in der Schnittredaktion einer Fernsehproduktionsfirma in Köln.
Ganz klar sind meine beiden großen Leidenschaften das Reisen und das Bloggen, was ich auf meinem Reiseblog kombiniere. Ansonsten liebe ich lange Spaziergänge, höre Hörbücher während ich mich in Malbüchern austobe und backe gerne, am liebsten kleines Gebäck wie Scones, Muffins oder Kekse.
Meine Eltern sind Gott sei Dank beide sehr reiselustig, ich habe meine Sommerferien in unserem Wohnwagen meist in Holland verbracht und die Weihnachtsferien auf den Skipisten Österreichs oder Italiens.
Richtig gepackt hat mich das Reisefieber während meines 6-monatigen Work & Travel Aufenthalts in Irland und Schottland 2015. Dort habe ich einen privaten Reiseblog für Freunde und Familie im Tagebuch-Stil geführt und später durch ein Seminar in meinem Journalismus-Studium ist daraus mehr oder weniger mein neues Baby entstanden: www.travel-tina.de
Wo hast du den schönsten Sonnenuntergang erlebt?

Den schönsten Sonnenuntergang habe ich im Sommer 2011 in Rovinj in Kroatien erlebt.
Ich war dort auf einem Campingplatz direkt am Meer und die Sonne ist jeden Abend in einem satten Orange hinter dem Meer, zwischen den Pinienbäumen untergegangen.
Wo hast du einen Kulturschock erlebt und warum?
Das war in einem kleinen bulgarischen Dorf in der Nähe des Städtchens Montana, ca. zwei Autostunden von der Hauptstadt Sofia. Ich habe dort mit einer bulgarischen Kommilitonin ihre Großeltern besucht.
Ich war schon etwas verschreckt von der Einfachheit der Gartenlauben-ähnlichen Unterkunft, dass die Familie ihr Haus nannte. Zum Mittag gab es extra für mich ein frischgeschlachtetes Lämmchen.
Das wurde komplett gegrillt auf dem Tisch serviert und alle haben mit bloßen Händen das Fleisch herausgerupft und gegessen, während die Fliegen drumherum flogen und man das Lämmchen als solches inklusive Augäpfeln erkennen konnte.
Da es meinen Gastgebern, mit denen ich mich ja sowieso schon nicht verständigen konnte, gegenüber unhöflich gewesen wäre, musste ich leider dadurch und mit hineingreifen.
Das alles war eine Situation, die mich schon eingeschüchtert hat.
Was war dein unvergesslichster Moment auf Reisen und was hat ihn so besonders gemacht?

Einer meiner Lieblingsmomente ist mein Ausflug nach Denia während meines Praktikums in Spanien. Wie immer hatte ich die Siesta verpeilt und bin durch den menschenleeren Ort gelaufen. Einzig die Burgruine war geöffnet. Außer mir war dort nur ein Mädchen aus Slowenien.
Wir haben uns gegenseitig fotografiert und sind darüber ins Gespräch gekommen. Wir haben uns die restliche Ruine zusammen angeschaut und den restlichen Nachmittag verbracht.
Es ist eine dieser Freundschaften, die man nur auf Reisen erlebt: Wir kannten gerade so unsere Namen und schon haben wir uns über die privatesten Dinge ausgetauscht und über den Sinn und Unsinn des Lebens. Einige Wochen später habe ich sie in Valencia besucht, dort hat sie zu dem Zeitpunkt gewohnt. Bis heute sind wir sporadisch in Kontakt.
Ein weiterer unvergesslicher Moment ist aus Irland, als ich mit meiner besten Freundin und zwei anderen Volunteers aus Taiwan und Spanien nachts dick eingemummelt in der irischen Einsamkeit der Burren-Region gelegen und die Sterne beobachtet habe.
Alle sind sich sicher Sternschnuppen gesehen zu haben, nur ich habe die wohl verschlafen.
Was war dein witzigster Sprach-Fauxpas?
2015 habe ich in einem Hostel in der Nähe von Dublin in Irland gearbeitet und hatte furchtbaren Lippen-Herpes. Ich habe versucht zu erklären, was ich habe und dass ich Salbe dafür brauchte. Der Rezeptionist ist in Gelächter ausgebrochen, weil ich angeblich Genitalherpes gesagt habe.
Damals war mir das furchtbar peinlich, heute lache ich darüber, u.a. weil ich mir im Nachhinein ziemlich sicher bin, dass Herpes auch im Englischen einfach Herpes bedeutet und ich einfach nur aufgezogen worden bin.
An welchem Ort hast du die gastfreundlichsten Menschen kennen gelernt? Was war so besonders?

Vor allem in Irland! Dort ist jeder gefühlt gleich dein bester Freund, weil die Iren sehr herzliche, offene und kommunikative Menschen sind.
Eine Frau hat mich und meine beste Freundin von sich aus mit in ihrem Auto ein Stück in die Stadt gefahren und uns zum Tee zu sich nach Hause eingeladen.
Leider hat die Zeit nie gereicht, um sie wirklich zu besuchen.
Was ist das Kurioseste, das du auf deiner Reise gegessen hast? Hat es geschmeckt?
Vielleicht nicht unbedingt kurios, aber auf jeden Fall sehr unterwartet, da ich zu dem Zeitpunkt noch relativ jung und naiv war. 2008 war ich mit einigen Mitschülern auf einem Schüleraustausch in Frankreich.
Ein Mädchen hat etwas in der Hand gehabt, dass aussah wie eine Zuckerstange: einen rot-weißen Stab. Und da ich Süßem nicht abgeneigt gewesen bin, hat sie mich probieren lassen.
Es stellte sich als Krabbenfleisch heraus. Da ich mich vor allem, was aus dem Meer kommt bis heute ekel, habe ich natürlich direkt gewürgt und bis heute Gänsehaut, wenn ich daran denke.
Was war dein emotionalster Moment auf Reisen? Warum?

Eine Wanderung um den Stausee von Guadalest in Spanien 2017. Ich habe dort in der Nähe mein Uni-Pflichtpraktikum absolviert und wurde währenddessen auf eine sehr gemeine Weise von meinem langjährigen Freund mehr oder weniger per SMS verlassen. Und das nach knapp sieben Jahren.
Die Wanderung hatte ich eigentlich mit ihm geplant und sie dann allein angetreten. Ich habe mich irgendwie verlaufen und bin statt den mir genannten zwei bis drei Stunden gute fünf Stunden in der knallenden Mittagshitze der Costa Blanca mit viel zu schlechter Kondition und zu wenig Proviant und Wasser um den See marschiert und über mich, die Trennung und alles was dazu gehört nachgedacht.
Währenddessen hab ich natürlich sehr viel geweint und war am Ende der Wanderung nicht nur körperlich, aber auch emotional ganz schön fertig.
Rückblickend hat das aber sehr gutgetan und ich war danach richtig stolz auf mich. Ich glaube, das war einer der Schlüsselmomente für meine später entfachte Wanderliebe.
Hast du dich auf Reisen jemals verloren gefühlt? Wenn ja, wo und warum?

Ironischer Weise an dem Ort, an dem ich mich gleichzeitig auch am meisten Zuhause gefühlt habe: Während meines Work & Travels bei meiner irischen Gastfamilie in der Nähe von Galway.
Gemeinsam mit meiner besten Freundin, einem Mädel aus Taiwan und einem Spanier haben wir bei einem irischen Ehepaar gewohnt und in ihrem B&B beim Housekeeping mitgeholfen.
Alles war so familiär, vielleicht war genau das Problem. Ich hatte die ersten Tage richtig starkes Heimweh nach meiner Familie und diesem turbulent-fröhlichen Familienleben, das in meiner Familie zu dem Zeitpunkt dadurch getrübt wurde, weil mein Vater sehr krank war.
Nachdem ich mit den Mädels gesprochen habe, ging dieses Gefühl Gott sei Dank schnell vorbei und wir hatten tolle sechs Wochen.
Mit meinen Gasteltern bin ich bis heute in Kontakt und habe sie mit meiner Mama zwei Jahre später auch besucht.
Würdest du lieber nochmal an den schönsten Ort reisen, an dem du jemals warst oder einen neuen Ort entdecken?

Trotz all der Wander- und Abenteuerlust bin ich ein sehr wehmütiger Fernwehmensch, der sehr an Vertrautem festhält und ungerne loslässt.
Vermutlich würde ich lieber an den schönsten Ort reisen, an dem ich war. Aktuell könnte ich mich da allerdings nicht zwischen meinem Kindheitsort Oostkapelle in der niederländischen Provinz Zeeland oder der Galway Bay, speziell Ballyvaughan, in Irland entscheiden.
Wie bewahrst du Erinnerungen an deine Reise?
Während der Reise hebe ich alles auf: Besondere Muscheln, Flugtickets, Eintrittskarten, Fahrkarten, besondere Etiketten von Souvenirs, einfach alles.
Dazu mache ich gefühlte drölf Millionen Fotos und habe immer ein kleines Notizbuch, in das ich mir besondere Momente aufschreibe, die ich nicht vergessen will.
Das alles packe ich in eine Kiste oder erstelle ein Fotoalbum, damit ich mich in schlechten oder wehmütigen Zeiten immer daran erinnern kann.
Einiges verarbeite ich auch auf meinem Blog oder halte es als Instagram Post fest.
1 Kommentar
Ein sehr schönes Interview, gute Fragen und authentische Antworten.
Weiterhin fröhliche Erlebnisse.
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