
Weltentdeckerin März: Evi über das Glück Wurzeln und Flügel zu haben
Leser/innen stellen sich vor: Evi, Weltentdeckerin im März
In dieser Ausgabe erzählt uns Evi, wie das (Allein-)Reisen sie verändert hat und warum sie eigentlich auf ihrer Langzeitreise gar nichts vermisst.
Über das Projekt „Weltentdecker/in des Monats“
Wir haben mit dir und unseren vielen anderen Lesern ja mittlerweile eine echt tolle und riesige Community. Du kennst uns ja mittlerweile schon ziemlich gut. Aber wir kennen dich ja gar nicht!
Und da wir finden, dass wir das ganz dringend ändern müssen, haben wir die Kategorie „Weltentdecker/in des Monats“ eingeführt. In einem Interview stellen wir dir heute unsere Weltentdeckerin des Monats März vor.
Erzähle uns kurz etwas über dich
Hallo, mein Name ist Evi. Ich bin 30 Jahre alt und komme aus der Nähe von Nürnberg. Ich bin gelernte Rechtsanwaltsfachangestellte, habe mich nach meiner Ausbildung im Bereich Personal- und Lohnbuchhaltung fortgebildet und bin jedoch noch immer auf der Suche nach meiner wahren Berufung.
Ich liebe REISEN, die BERGE, ruhige ORTE zum Energie tanken, gutes vegetarisches ESSEN, meine wunderbare FAMILIE und einzigartigen & unfassbar wichtigen FREUNDE!
Ich bin unheimlich gerne in der Natur unterwegs und erkunde (für mich unbekannte) Orte. Ich mag es fernab von Touristenpfaden zu reisen.
Meine Abenteuer halte ich für enge Freunde und meine Familie auf meiner Homepage: www.alleinmitfluegel.de fest.
1. Warum ist Reisen für dich wichtig?
Ich finde es immer wieder spannend andere Kulturen, Bräuche und Länder kennenzulernen und dabei festzustellen, dass es im Grunde doch viel mehr Parallelen gibt, als man so aus der Ferne denken würde.
Es sind immer die Begegnungen mit Menschen, die mich faszinieren und die mir die Augen öffnen. Sie waren bisher jedes Mal ungeheuer gastfreundlich und bemüht mir einen möglichst spannenden und informativen Aufenthalt zu bieten.
Seit September 2017 befinde ich mich als Solo-Traveler auf Reisen und genieße jeden Moment mit mir und den tollen Menschen, welche ich auf meiner Reise treffe.
Ich habe schon immer jeden freien Tag, jedes verlängerte Wochenende oder gar jeden Urlaubstag genutzt um unseren wunderbaren Planeten zu erkunden und zu bereisen.
Sei es nun das nähere Umfeld mit Städtereisen, Ausflügen oder spontanen Kurzurlauben oder ein Langstreckenflug ans “Ende der Welt”.
Ich hatte immer das Glück, dass meine Partner oder Freunde auch reisefreudig waren und wir ein gutes Team beim Reisen abgegeben haben.
Jetzt bin ich das erste Mal alleine unterwegs und stelle mich meinen persönlichen Ängsten. Ganz nach dem Motto: Tue es! Frage dich in jeder schwierigen Situation: „Was würde der stärkste, mutigste, liebevollste Teil meiner Persönlichkeit jetzt tun?!“ Und dann tue es einfach! Tue es richtig und zwar sofort!
Zum Anderen ist mir durch persönliche private Ereignisse klar geworden, dass das Leben zu kurz ist um Träume nur vor sich her zu schieben! Wieso Zeit mit Dingen verbringen, in denen man sich nicht voll und ganz erfüllen kann?
Also raus aus der Komfortzone und neue aufregende Abenteuer entdecken und vielleicht seine eigene Berufung finden!
Ich möchte meine Abenteuer später einmal meinen Enkelkindern erzählen können und diese wunderbaren, atemberaubenden, emotionalen und glücklichen Gefühle und Momente festhalten.
Jedes Abenteuer ist eine unvergessliche Erinnerung und ich liebe und lebe sie Tag für Tag.
2. Welches Land oder welcher Ort hat dir bisher am besten gefallen?
Das ist womöglich die mir am häufigsten gestellte Frage seitdem ich reise. Es ist unmöglich für mich sie zu beantworten, da jeder besuchte Kontinent, jedes Land in dem ich war, jede Region, jede Stadt oder jeder Ort etwas Besonderes an sich hat.
Es sind die Menschen, die Begegnungen, die Landschaften und das Essen was Reisen für mich zu einem Abenteuer machen.
Ich schlendere unheimlich gerne über einheimische Märkte, ich liebe regionale Produkte, ich nehme aus jedem besuchten Land mindestens ein traditionelles Rezept mit nach Hause, versuche mit lokalen Leuten zu kochen und mehr über das Land zu erfahren.
Reiseführer lese ich z. B. erst nachdem (!) ich im Land war oder schon längst in diesem bin. Ich nutze Couchsurfing, um die Bewohner meines Reisezieles kennenzulernen und fernab von Touristenpfaden Erfahrungen und Eindrücke zu sammeln.
Die Liste meiner Highlights ist unendlich: Wildwasserrafting auf dem wilden Nil, allein und abgeschottet reisen in Tasmanien, mit den Walhaien an der Westküste Australiens schwimmen, die Westküste Australiens überhaupt (das Abenteuer mit wildfremden Menschen für mehrere Wochen zu reisen und zu Freunden zu werden), spirituelle Reisen in Südostasien, meine erste Rucksackreise als kompletter Neuling in Indonesien und und und.
Ich glaube aber dass ich sagen kann, dass mich rein von der Landschaft Neuseeland am meisten beeindruckt hat, von den Einwohnern und Menschen würde ich Ostafrika wählen (andere afrikanische Länder stehen noch auf meiner Liste).
3. Erzähle uns von deinem einprägsamsten Erlebnis auf Reisen.
Einprägsame Erlebnisse gibt es unendlich viele.
Im August 2018 sah ich nach 17 Monaten das erste Mal meine Mama und meine Schwester wieder. Wir trafen uns in Tansania um gemeinsam einige Safaris zu machen und den 60. Geburtstag meiner Mama auf Sansibar zu feiern.
Ich erinnere mich an meinen ersten Gänsehautmoment auf dem afrikanischen Kontinent, als wir am Lake Manyara waren, Rast machten und ich den ersten Elefanten erspähte. Mir schossen die Freudentränen in die Augen. Dazu muss man wissen, dass ich ein absoluter Tierliebhaber bin.
Andere Momente waren als ich ehrenamtlich auf Sansibar unterrichtet oder mit Straßenkindern in Uganda gearbeitet habe.
In Australien habe ich das erste mal auf einem Surfbrett gestanden, ich bin aus einem Flugzeug gesprungen, in Neuseeland war ich im Gletschereis wandern, nachdem wir mit dem Helikopter auf den Franz-Josef-Gletscher geflogen sind, ich hab meinen Geburtstag im Milford Sound verbracht und bin durch den ältesten Regenwald gewandert und habe all den Tierlauten gelauscht die ich zuvor nur aus Tierdokumentationen kannte.
Ich habe unglaublich tolle Menschen kennengelernt, die nach kurzer intensiver Zeit zu Freunden wurden und nun nicht mehr aus meinem Leben wegzudenken sind. All die Länder die ich bisher besucht habe waren eine unglaubliche Bereicherung für meine persönliche Entfaltung. Jeder Tag hatte etwas einprägsames.
4. Was vermisst du am ehesten, wenn du unterwegs bist?
Ich muss ehrlich gestehen, dass ich kaum vermisse. Man hat täglich so viele Eindrücke und dank der modernen Technik stehe ich im ständigen Kontakt nach Hause zu Freunden und Familie.
Ich sehne mich manchmal nach der Möglichkeit eine eigene Küche zu haben, mit meinem Fahrrad auf den regionalen Bauernmarkt zu fahren und Gerichte aus meiner Kindheit zu kochen. Aber ich vermisse es nicht. Ich habe jederzeit die Möglichkeit nach Hause zu fliegen, bei meiner Mama zu klopfen und “Heimatessen” serviert zu bekommen.
Als ich im Dezember 2018 für drei Wochen zuhause in Deutschland war habe ich gemerkt, dass mir gefehlt hat meine Liebsten einfach nur in den Arm zu nehmen und auch mal in den Arm genommen zu werden: Liebe zu erfahren!
Enge persönliche Bindungen, gemeinsame Momente, Tränenausbrüche wegen Lachanfällen mit meinen Mädels, aber ich weiß, dass auch diese immer in der Heimat auf mich warten werden. Egal wie lange oder wie weit ich weg bin oder war.
5. Verändern dich deine Reisen? Wenn ja, wie?
Das bisherige Reisen hat mich auf jeden Fall sehr viel gelehrt. Es ist eine Art Lebensschule. Es erweitert den Horizont, man lernt unglaublich viel über sich selbst, über andere, fremde Kulturen, man erlebt Dinge, die man im Alltag niemals erleben würde, man reist mit Leichtigkeit und mit einem Freiheitsgefühl, dass einem keiner geben oder auch nehmen kann.
Man kann sich treiben lassen und spontan sein. Gerade im Hinblick auf Gelassenheit habe ich mich verändert, denn es kommt immer anders als man denkt, aber es gibt auch immer eine Lösung für so ziemlich alles. So lernt man unter anderem, mit dem Unerwarteten umzugehen.
Ich bin offener geworden, weltoffener. Ich lebe minimalistischer und gebe mich mit weniger zufrieden. Wir leben in einer Konsumgesellschaft und suchen für jede Lösung mindestens fünf Probleme. Mir ist noch bewusster geworden, dass wir alle nur „ein Leben“ haben und dieses nutzen sollten. Nutzen um uns glücklich zu machen und anderen, denen es nicht so gut geht, zu helfen.
Das Reisen bereichert mein Leben jeden Tag. Am meisten lehrt es mich über mich selbst. Über meine eigenen Vorurteile und Vorstellungen.
Über meine Herkunft, wie heimatverbunden ich bin und das große Glück, einen deutschen Pass zu besitzen, der mir einfaches unkompliziertes Reisen ermöglicht.
Über Neuanfänge, persönliche Herausforderungen und Abschiede, über Gehen und Bleiben. Über meine eigenen Grenzen und wie leicht sie dann doch zu überwinden sind. Ich gehe aus meiner Komfortzone heraus und mache viele Sachen zum ersten Mal.
Beim Reisen gibt es kein Richtig oder Falsch. Jede Reise ist ein Schritt. Und jeder Schritt ist eine Reise. Ob ich nun Städtetrips in Europa mache, von Nürnberg nach Oberstdorf mit der Bahn fahre oder einen Langstreckenflug nach Neuseeland antrete und dort mit einem Campervan durch die atemberaubende Natur fahre: Jede Reise ist bewegend, ist magisch!
Ich plane nicht viel im Voraus um mir Spontanität zu erhalten, ich bin gelassener und noch flexibler und ich traue mir selbst mehr zu, da ich mich nun besser kenne.
Große Veränderungen geschehen nicht dadurch, dass wir auf den richtigen Zeitpunkt warten oder Pläne für die Zukunft schmieden. Sie geschehen indem wir kleine Schritte machen. Jetzt sofort!
6. Stadt oder Natur? Wenn du magst, erzähle uns warum.
Eindeutig Natur. Unter Reisenden sagt man „Stadt ist Stadt, hat man eine gesehen – hat man alle gesehen“. Dem stimme ich zwar nicht zu, aber ich muss gestehen, dass mich neben Architektur und einem Großstadt-Lebensgefühl nicht wirklich viel an einer Stadt „lockt“.
Ich bin in einer ländlichen Gegend aufgewachsen und bin sehr froh, dass ich den Wald, Flüsse & Bäche und Weiden & Wiesen vor der Haustür hatte. Mein Herz blüht auf, wenn ich die Bergketten in der Ferne erspähe oder ich morgens vom Vogelgesang geweckt werde. Ich würde ein Leben inmitten der Natur immer einem Appartement in der Stadt vorziehen.
Die Welt ist so groß und es gibt noch so viel zu entdecken.
7. Was muss auf all deinen Reisen immer dabei sein?
4 Gegenstände: Smartphone, Notebook, externe Festplatte, Kreditkarte.
Mein Smartphone fundiert als Telefon, Kamera, für Recherchen, Reiseplanung, Kommunikationsmittel.
Mein Notebook und meine externe Festplatte habe ich ebenfalls immer dabei. Ich speichere meine Dateien zwar auch online, jedoch habe ich beim Reisen oft keinen Zugriff zu schnellem Internet für den Upload, so sichere ich doppelt.
Ich bin zeitweise mit einer Spiegelreflexkamera, einer Drohne und einer Actioncam gereist. Jedoch war das nur unnötiger Ballast und ich bin kein Profifotograf.
Also habe ich mich gegen die “schwere” Ausrüstung entschieden und fotografiere jetzt “nur noch” mit meinen Huawei Smartphone mit Leica-Linsen.
Ich habe schnell die Erfahrung gemacht, dass man alles überall auf der Welt erwerben kann. Materielle Dinge sind ersetzbar und ich versuche minimalistisch zu leben und zu reisen.
8. Was ist dein größter Reisetraum?
Ich möchte unbedingt nach Skandinavien und die Nordlichter sehen. Ich bin so fasziniert von unserer wunderschönen atemberaubenden Natur und von diesem magischen Farbenspiel.
Mein allererster Single-Reise-Trip ging nach Tasmanien (Australien). Dort mietete ich mir einen Campervan für zwei Wochen und fuhr die Insel ab. Ich versuchte jede Nacht die Aurora Australis (Polarlichter des Südens) zu erspähen, aber ich war erfolglos.
Ich möchte nach Japan in der Kirschblütenzeit, ich würde gerne nach Südamerika reisen und neu gewonnene Freunde besuchen und mit ihnen Patagonien erkunden.
Es gibt noch so viele Länder in Europa die ich mit unserem alten VW-Bus bereisen möchte, ich will im Dschungel Borneos Orang-Utans retten, auf Kamelen durch die Wüste Marokkos reiten und in Beduinenzelten schlafen, die Weltwunder mit eigenen Augen sehen, ich will auf der Blumeninsel Madeira wandern, in Portugal surfen, bei den Mönchen in Tibet nächtigen.
Meine Wunschliste erweitert sich mit jeder Begegnung und Gesprächen mit anderen Reisenden. Sie inspirieren mich und lassen mich träumen.
Sobald ich meine eigene kleine Familie habe möchte ich mit ihnen backpacken. Ich möchte meine Kinder nach Afrika bringen und dort einige Wochen in einem kleinen Dorf leben.
Ich möchte meinen Kindern zeigen, dass man sehr glücklich mit “ganz wenig Hab und Gut” sein kann. Und wie man wertschätzt, dass Geld und Materielles nicht die Welt regieren, sondern Zufriedenheit, Glück, Freude, Liebe und Aufrichtigkeit.
Möchtest du uns sonst noch etwas erzählen? Immer her damit 🙂
„Zwei Dinge sollen Kinder von ihren Eltern bekommen: Wurzeln und Flügel.“ – J. W. von Goethe
Wenn mich andere Reisende fragen warum ich reise antworte ich immer mit oben genanntem Zitat von J. W. von Goethe. Meine wunderbare Mama hat mich so erzogen, dass ich weiß wo sich meine Wurzeln befinden, hat mir jedoch auch Flügel gegeben um die weite Welt zu erkunden und meine eigenen Erfahrungen zu sammeln und meine Geschichten zu schreiben.
Ich habe das große Glück, dass ich Freunde und Familie habe die voll und ganz hinter mir stehen und mich in jeder Hinsicht unterstützen. Ich bin nun seit April 2017 unterwegs. Im September 2018 habe ich einen Rückflug in die Heimat gebucht, um meine Familie und meine Freunde an Weihnachten und den darauffolgenden Tagen zu überraschen.
Ich plante es als “Ende dieser 20-monatigen Reise”. Es war mein persönliches Highlight sie alle zu überraschen. Knapp zwei Wochen vor meinem gebuchten Heimflug habe ich (sozusagen kurz vor Erreichen der Ziellinie) einen Mann kennengelernt.
Keine drei Wochen später flog ich zurück nach Kenia um ihn besser kennenzulernen. Jetzt gerade finde ich heraus, wohin mich meine Reise und mein Herz noch führt und wann es für mich wieder in die Heimat geht.
Aber ich weiß, dass ich ein Zuhause habe und ich meine Wurzeln tief in die Erde graben möchte und ich meiner eigenen kleinen Familie von meinen Abenteuern berichten will.
Jetzt bist du an der Reihe – werde Weltentdecker/in und erzähl‘ uns deine Geschichte!
Wie? Das geht ganz einfach: Schick uns einfach eine E-Maill an mail@wetraveltheworld.de. Schreib‘ uns in der Mail bitte deinen vollständigen Namen, dein Alter, Interessen und in einem Satz was dein außergewöhnlichstes Reiseerlebnis war. Ganz egal ob auf Balkonien oder im Amazonas. Vielleicht bist du dann beim nächsten Mal schon mit dabei! Hier findest du alle Weltentdeckerinterviews.
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Fotos: Evi Dötterl
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